Workshop erarbeitet Leitziele

Im Rahmen eines vierstündigen Workshops erarbeiteten auf Einladung des Kreisjugendrings Bayreuth, der Region Bayreuth und des Landkreises 35 Vertreter aus Kommunalpolitik, Mitgliedsverbänden und der Wirtschaft zusammen mit Dr. Winfried Kösters Leitziele für den Landkreis Bayreuth im Bezug auf die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Lebenswelten der Kinder, Jugendliche und Familien. Mit dieser praxisorientierten Zukunftswerkstatt endete das Themenjahr „Demografischer Wandel“, das mit Vorträgen des Präsidenten des Bayerischen Jugendrings, Matthias Fack, und des Geschäftsführers des Bezirksjugendrings, Franz Stopfer, eingeleitet wurde.

Sehr intensiv setzte sich der Kreisjugendring Bayreuth in diesem Jahr mit dem Themenkomplex „Demografischer Wandel“, dessen Herausforderungen und Folgen für die Jugendarbeit auseinander. Nachdem mit Matthias Fack, Präsident des Bayerischen Jugendrings, und Franz Stopfer, Geschäftsführer des Bezirksjugendrings Oberfranken, auf Einladung des Kreisjugendrings bereits zwei hochkarätige Referenten vor den Bürgermeistern, Jugendbeauftragten und Mitgliedsverbänden zu dem Thema sprachen, setzte der praxisorientierte Workshop mit Dr. Winfried Kösters am 28. November den Höhepunkt der Veranstaltungsreihe. Die Zukunftswerkstatt stand unter dem Motto, gemeinsam praktische Tipps und Handreichungen auf die Herausforderungen des Demografischen Wandels zu erarbeiten. Die Ergebnisse sollen nun in die Arbeit der kommunalpolitischen Entscheidungsträger in den Kommunen und im Landkreis einfließen.

Christian Porsch, Vorsitzender des Kreisjugendrings Bayreuth, der nach der Eröffnung durch Landrat Hermann Hübner die Anwesenden begrüßte, unterstrich zunächst die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit dem „Schreckgespenst“ Demografischer Wandel. Der Kreisjugendring Bayreuth könne alleine die zahlreichen Herausforderungen sicher nicht lösen, wolle jedoch mit dem Themenjahr einen Impuls setzen und das Bewusstsein für diese Zukunftsaufgabe schärfen. Er verdeutlichte, dass der Themenkomplex weitaus facettenreicher sei, wie er in dem Workshop bearbeitet werden könne. Für den Kreisjugendring stünden jedoch die Zielgruppen Kinder, Jugendliche und Familien im Vordergrund. „Für uns ist Jugendarbeit und Familienfreundlichkeit längst zu einem wichtigen Standortfaktor geworden“, unterstrich Porsch die Position des Kreisjugendringes. Der Demografische Wandel und die Veränderung der Gesellschaft könne nicht mehr gänzlich aufgehalten werden, jedoch könne man sie heute noch aktiv mitgestalten. Jedoch sei dies nur gemeinsam im engen Schulterschluss zwischen allen Beteiligten möglich. Gerade deshalb dankte Porsch dem Regionalmanagement und dem Landkreis für die Unterstützung bei der Durchführung der Zukunftswerkstatt.

Dr. Winfried Kösters sensibilisierte die Teilnehmer zunächst für das Thema. Für ihn sei der Demografische Wandel eine der größten Herausforderungen in der Bundesrepublik. Die Veränderungen seien bereits heute spürbar, wenn man beispielsweise auf den Fachkräftemangel oder den Ausbildungsmarkt blicke. Dieser Trend würde sich in den nächsten Jahren noch weiter fortsetzen, mit gravierenden Folgen. Deshalb sei das Thema auch kein Thema der „Alten“, sondern vor allem der jungen Generation, die vor allem auch die Schuldenlast tragen müsse. Enttäuscht zeigte sich der erfahrene Referent, der bereits die Bundesregierung und die Berthelsmann-Stiftung in diesen Fragen beriet, darüber, dass das Thema in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD keine Rolle gespielt hätte. „Aufgrund des Demografischen Wandels ist ein gigantischer Umbau unserer Gesellschaft von Nöten“, ist Kösters überzeugt.
Anhand von Beispielen der Firmen Siemens und Bosch sowie der Commerzbank erläuterte Dr. Kösters den Stellenwert, den größere Unternehmen bereits der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zuschrieben. „Kinder sind ein großer Schatz. Wir können es uns in Zukunft nicht mehr leisten, auch nur ein Kind durch das gesellschaftliche Rost fallen zu lassen“, verdeutlichte Kösters und sprach sich damit für die individuelle Förderung jedes Neugeborenen und dessen Talente aus. Zudem müsse man auch verstärkt auch auf bisher vernachlässigte Randgruppen wie Menschen mit Behinderungen, Jugendliche ohne Schulabschluss oder Migranten zugehen.

In Form von 13 Biografien, die an TeilnehmerInnen verteilt wurden, verdeutlichte Dr. Kösters die mangelnde Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen. Anhand von sieben Fragen sollten die Teilnehmer bezugnehmend auf die ausgehändigte Biografie einen Schritt nach vorne machen, wenn sie der Meinung waren, sie mit Ja beantworten zu können. Nur drei der 13 TeilnehmerInnen konnten nach den Fragen nach dem behüteten Aufwachsen im familiären Umfeld, den Besuch der gesundheitlichen Frühuntersuchungen, dem Besuch einer Kindertagesstätte, dem Engagement in einem Verband oder der Chance auf einen qualifizierten Bildungsabschluss alle sieben Schritte beschreiten. Der Großteil blieb nach einem oder zwei Schritten stehen. Dr. Kösters verdeutlichte, dass dennoch der Großteil der öffentliche Gelder an die Angehörigen der vorne stehenden Biografien verteilt würde. „Gerade denjenigen, die in unserer Gesellschaft nicht alle Schritte vollziehen können, gilt es unser verstärktes Augenmerk zu schenken“, appellierte der Referent. Nach der Auflösung der Biografien durch die TeilnehmerInnen erzählte Kösters zum Erstaunen der Beteiligten die Geschichte der beschriebenen Kinder und Jugendlichen weiter. Oftmals gaben Kleinigkeiten oder zufällige Umstände den Ausschlag, ob das Kind die richtige Bahn einschlagen konnte und einen Platz in der Mitte der Gesellschaft erreichte. Dabei wurde festgestellt, dass ein intaktes familiäres Umfeld, der Zugang zu Bildungseinrichtungen und eine entsprechende Wertevorstellung die Grundvoraussetzungen für die positive Entwicklung waren.

Aufgrund dieser Erfahrungen benannten die rund 35 TeilnehmerInnen des Workshops erste wichtige Handlungsfelder und gewichteten diese. So kristallisierte sich heraus, dass gerade die Stärkung der Familie, die Bereitstellung der richtigen Infrastruktur, eine individuelle Förderung von Beginn an, eine qualifizierte Betreuung und die Schaffung eines kinderfreundlichen Klimas angegangen bzw. bereit gestellt werden muss. Fünf Kleingruppen erarbeiteten im Bezug auf diese Handlungsfelder Leitziele, die bis in das Jahr 2030 verwirklicht werden sollten. Neben diesen Leitzielen wurden auch erste konkrete Maßnahmen sowie Ziele für das Jahr 2015 benannt, die als Grundlage für die praktische Arbeit dienen können. Sowohl die Teilnehmer, als auch Dr. Kösters zeigten sich von den erarbeiteten Ergebnissen angetan.

Die Ergebnisse sollen eine Grundlage für eine mögliche Ausrichtung des Kreisjugendrings aber auch des Landkreises im Hinblick auf Kinder, Jugendliche und Familien sein. Aus diesem Grund sollen die Ergebnisse in den politischen Gremien im Kreis widergespiegelt werden. Zum Abschluss unterstrich Christian Porsch jedoch nochmals, dass der Kreisjugendring Bayreuth die Umsetzung dieser Ziele allein nicht schultern könne. Aufgrund der engen Verzahnung mit den Themen Bildung, Arbeitswelt und Familie müssen mehrere Partner gemeinsam anpacken und die Herausforderungen angehen.

Dennoch war die Veranstaltung im Sitzungssaal des Landratsamtes sowohl aus Sicht der Organisatoren wie auch aus Sicht der TeilnehmerInnen äußerst fruchtbar und gewinnbringend. Sie hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich den Herausforderungen des Demografischen Wandels im Landkreis frühzeitig und gemeinsam zu stellen.